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Hybris

HYBRIS ist eine kunstbasierte Forschungsinitiative. Sie entwickelt eine prozesshafte Methode zur Umnutzung von Abfall in spekulative Materialsysteme, künstlerische Objekte und mögliche Baustoffe. Seit 2019 untersucht Yana Zschiedrich in diesem Rahmen das Potenzial von Mehlwürmern als skulpturale Kollaborateure, um expandiertes Polystyrol in biologisch verwertbare Substanzen zu transformieren. Daraus entstehen neue Materialansätze, die etwa Sand in nachhaltigen Architekturkonzepten ersetzen könnten.
Gleichzeitig entfaltet HYBRIS eine vielschichtige Themenwelt, die sich mit Kontrolle, Anthropozentrismus, Ökofeminismus und spekulativen Narrativen auseinandersetzt. Die Arbeit ist inspiriert von Denkfiguren feministischer Wissenschaft und fragt nach alternativen Zukunftsentwürfen jenseits linearer Fortschrittslogiken – mit dem Ziel, neue, positive Möglichkeiten des Zusammenlebens zu skizzieren.
HYBRIS stellt ein wachsendes Ökosystem aus Material, Theorie, Technologie und Erzählung dar.

Portrait von der Künstlerin Yana Zschiedrich, Gründerin der Forschungsinitative Hybris. Ehemalige Meisterschülerin von Prof Joachim Blank, Klasseblank an der Hochschule für Grafik und Buchkunst (HGB) Leipzig. Gewinnerin des Wirkmächtig Culture4Climate Preises 2024 und nominiert für den S+T+Arts Prize 2025 der Europäische Kommission. Photo Credit: Marco Dirr

Yana Zschiedrich, geboren 1987 in Ludwigshafen am Rhein, lebt und arbeitet in Leipzig. Als ehemalige Meisterschülerin von Prof. Joachim Blank konzentriert sie sich in ihrer künstlerischen Praxis auf das kreative Zusammenspiel von Kunst, Architektur und ökologischer Verantwortung.
Ihre Forschungsinitiative Hybris untersucht das dynamische Verhältnis zwischen Mensch, Natur und gebauter Umwelt – nicht als Quelle des Konflikts, sondern als Raum für neue Möglichkeiten und gemeinsame Zukünfte.
Mit innovativen Ansätzen wie Geobris, einem von ihr entwickelten nachhaltigen Baustoff, verbindet sie konzeptionelle Ansätze mit materialbasierten Lösungen für zukunftsfähige Architektur.
Zschiedrichs Werke entwerfen alternative Lebens- und Bauweisen – Kunst und Architektur als Werkzeuge, um resilientere, ökologisch ausgerichtete Zukünfte zu inspirieren, mitzugestalten und weiterzuentwickeln.

yana.zschiedrich@gmail.com
@yanazschiedrich

Ausstellungen

06/2025
KunstvereinGRAZ, D-Regensburg, Duo-Show

05/2025
Sayner Hütte, D-Bendorf, INTO. Ein Festival künstlerischer Positionen zum Thema Immersion, Group-Show

02/2025
GRASSI Museum für Angewandte Kunst, D-Leipzig, Rahmenprogramm zur Sonderausstellung „ZUKÜNFTE: Material und Design von Morgen", Solo-Show

09/2024
Techne Sphere, D-Leipzig, Why does the sun go on shining? Why do birds go on singing? Because they know it isn’t the end of the world, Meisterschüler:innen-Festival, Solo-Show

seit 05/2024
Futurium, D-Berlin, Themenjahr: Schätze der Zukunft, Permanent Exhibition

07/2023
Deutsches Museum, D-München, Festival der Zukunft, Group Show

05/2023
HilbertRaum, D-Berlin, Traffic Control, Group Show

12/2022
Studio12 Spinnerei, D-Leipzig, What We All Want, Group Show

04/2021–05/2021
Gr_und Galerie, D-Berlin, Non.Depleted, Group Show

09/2020
Westpol A.I.R.space, D-Leipzig, HYBRIS, Solo Show

11/2019 – 01/2020
a&o Kunsthalle, D-Leipzig, We All Should Be Lichens, Group Show

05/2019 – 06/2019
TAF Theartfoundation, GRC-Athen, HUMAN PARTICLES OF THE LIVING SUN, Group Show

06/2016
Contemporary Art Ruhr, D-Essen, Archive of no tomorrow, Group Show

SAMMLUNG

seit 05/2024
FUTURIUM gGmbH, D-Berlin

Vorträge / Workshops

06/2025
Funken Akademie, D-Chemnitz, Funken Night, Lecture-Performance

02/2025
GRASSI Museum für Angewandte Kunst, D-Leipzig, Rahmenprogramm zur Sonderausstellung „ZUKÜNFTE: Material und Design von Morgen", Artist Talk

11/2024
Bildungswerk BBK Berlin, D-Berlin, Workshop Klima und Nachhaltigkeit, Impulsgeberin

05/2024
Landesverband der Jugendkunstschulen und kulturpädagogischen Einrichtungen (LJKE Bayern), D-Nürnberg, Kreativlabor Workshop plan_los, Inspiratorin

10/2023
Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle, D-Halle Saale, Semesterprojekt insectmatter, Referentin

07/2023
Festival der Zukunft im Deutschen Museum, D-München, „Kunst und Innovation“, Speakerin

09/2018
Landesvereinigung Kulturelle Kinder und Jugendbildung (LKJ) Sachsen e. V., D-Leund ipzig, Workshop mit Studieninteressierten mit Abschlussausstellung an der Hochschule für Grafik und Buchkunst, Workshopleitung

Auszeichnungen / Stipendien

06/2025
Nominierung für den „S+T+Arts Prize 2025“, Europäische Kommission / Ars Electronica

01/2025–06/2025
Stipendium der Kulturstiftung des Freistaates Sachsen

11/2024
Gewinnerin des „VNGart Preis 2024“, Kunstpreis des Freundeskreises der Hochschule für Grafik und Buchkunst und der VNG-Stiftung.

07/2024–12/2024
Projektstipendium, artist residency Schloss Balmoral

09/2024
Gewinnerin des „WIRKMÄCHTIG Culture4Climate Preis 2024“, in der Kategorie Einzelperson, gefördert durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz, initiiert durch Kulturpolitische Gesellschaft e.V., Ökoinstitut e.V. und Netzwerk Nachhaltigkeit in Kunst und Kultur

10/2021–06/2024
Landesgraduiertenförderung, Sächsisches Landesstipendium, Sächsischen Staatsministerium für Wissenschaft, Kultur und Tourismus

2022
Gewinnerin Wettbewerb „Artist in Lab“ des Fraunhofer WKD

11/2020 & 12/2020
Arbeitsstipendium der Kulturstiftung des Freistaates Sachsen im Rahmen des Programms „Denkzeit“

05/2014 –05/2015
AIT Stipendium 2014 der Sto-Stiftung

Publikationen

2024
The Insect Project: Resilience Part I, herausgegeben und veröffentlicht von Mareike Gast. Publiziert im Rahmen der Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle, Halle (Saale).

2023
HYBRIS23, D-Leipzig, publiziert von Yana Zschiedrich & Fraunhofer WKD

2023
Jahresmagazin No.11, D-Dresden, publiziert vom Landesverband Bildende Kunst Sachsen e.V.

2021
HYBRIS20, D-Leipzig, publiziert von Yana Zschiedrich

2020
Human Particles of the Living Sun, D-Leipzig, HGB Leipzig, publiziert von Joachim Blank

2015
AIT Büro und Verwaltung · Office Buildings

2014
AIT Wohnen · Living

Impressum

HYBRIS
Yana Zschiedrich

website und gestaltung

Distaff Studio in Zusammenarbeit mit Jonas Holfeld

Programmierung

Jonas Holfeld

FOTOS

Yana Zschiedrich
Julius C. Schreiner
Marco Dirr

Datenschutzbestimmungen

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Investigation

Hyb.Instal.2024.01

Yana Zschiedrichs; Meisterschülerin von Prof. Joachim Blank der HGB Leipzig, Installation Hyb.Instal.2024.01 in der Techne Sphere Leipzig auf dem Gelände der Kirow Werke. Mit Arbeiten von: Rodricgo Alcocer de Garay, Felix Amerbacher, Rebecca Arnold, Bernhard Bormann, Natalia Bougai, Minhye Chu, Janosch Dannemann, Christian Doege, Maximilian Hechinger, Arina Heinze, Musafer Qassim Khalaf, Alexander Klaubert, Nike Kühn, Erlend Peder Kvam, Hyunjin La, Marthe Lallemand, Kyu Sang Lee, Christoph Liepach, Karl Lobo, Michalina Ludmila Musielak, Vanessa Opoku, Ieva Raudsepa, Julius C Schreiner, Valeria de Araújo Silva, Patrik Thomas, Gemma Wilson, Paul Zech, Hyejeong Yoo, Yana Zschiedrich.

Why does the sun go on shining?
Why do birds go on singing?
Because they know it isn’t
the end of the world.

Yana Zschiedrichs; Meisterschülerin von Prof. Joachim Blank der HGB Leipzig, Installation Hyb.Instal.2024.01 in der Techne Sphere Leipzig auf dem Gelände der Kirow Werke. Die Arbeit ist entstanden im Rahmen des Projektstipendiums der Artist Residency Schloss Balmoral und war zu sehen im Grassi MAK Leipzig und in der Sayner Hütte in Bendorf.
Hyb.R.L1.2024.01
300 x 300 cm
EPS Dämmplatten, Stahlrohr
M24 Festival HGB Leipzig. Kirow Werke. Techne Sphere. Mit Arbeiten von: Rodricgo Alcocer de Garay, Felix Amerbacher, Rebecca Arnold, Bernhard Bormann, Natalia Bougai, Minhye Chu, Janosch Dannemann, Christian Doege, Maximilian Hechinger, Arina Heinze, Musafer Qassim Khalaf, Alexander Klaubert, Nike Kühn, Erlend Peder Kvam, Hyunjin La, Marthe Lallemand, Kyu Sang Lee, Christoph Liepach, Karl Lobo, Michalina Ludmila Musielak, Vanessa Opoku, Ieva Raudsepa, Julius C Schreiner, Valeria de Araújo Silva, Patrik Thomas, Gemma Wilson, Paul Zech, Hyejeong Yoo, Yana Zschiedrich
Siehe auch: Hyb.Mat.2022.01
Hyb.Obj.2024.04
30 x 19 cm
Mehlwurmkot, PLA, Geobris
Yana Zschiedrichs Installation Hyb.Instal.2024.01 in der Techne Sphere Leipzig auf dem Gelände der Kirow Werke. Mehlwurmkot wird zu dem nachhaltigen Baustoff Geobris gebunden und zum Objekt transformiert.
Hyb.Obj.2024.03
300 x 350 cm
Geobris
M24 Festival HGB Leipzig. Mit Arbeiten von: Rodricgo Alcocer de Garay, Felix Amerbacher, Rebecca Arnold, Bernhard Bormann, Natalia Bougai, Minhye Chu, Janosch Dannemann, Christian Doege, Maximilian Hechinger, Arina Heinze, Musafer Qassim Khalaf, Alexander Klaubert, Nike Kühn, Erlend Peder Kvam, Hyunjin La, Marthe Lallemand, Kyu Sang Lee, Christoph Liepach, Karl Lobo, Michalina Ludmila Musielak, Vanessa Opoku, Ieva Raudsepa, Julius C Schreiner, Valeria de Araújo Silva, Patrik Thomas, Gemma Wilson, Paul Zech, Hyejeong Yoo, Yana Zschiedrich
Hyb.Inku.2024.01
Maße variabel
EPS-Dämmplatten, Mehlwürmer, Temperatursensor, Steuerungssystem, verflüssigte Futterpaste, Inkubator, Luftzirkulationssystem, Acrylglas, Europaletten, Eurokisten

Hyb.Doku.2024.01

Die Dokumentation „Hyb.Doku.2024.01“ beleuchtet die zentralen Themen der Forschungsinitiative Hybris. Begleitet von einem Lied aus der Perspektive eines Mehlwurms, wird die transformative Kraft dieser Lebewesen in den Fokus gerückt.

Der Avatar von Yana Zschiedrich als Sprecherin für die Dokumentation Hybris „Hyb.Doku.2024.01
Der Avatar von Yana Zschiedrich als Sprecherin für die Dokumentation Hybris „Hyb.Doku.2024.01
Video Still aus der Videoarbeit von Yana Zschiedrich zeigt eine Stadt von oben. Die Forschungsinitative Hybris wurde nominiert für den S+T+Arts Prize 2025 nominiert, zusammen mit LAS Art Foundation, Sarah Ciston,  SoftBank, Daito Manabe, The University of Tokyo – Special Exhibition, Filippo Nassetti, Emergence Delft, Marina Otero Verzier and Donostia International Physics Center / Prototype Locument, Romea Muryń, Marina Otero Verzier, Marco Barotti, Isadora Cruxên, Catherine D’Ignazio, Silvana Fumega, Helena Suárez Val, Ana Mikadze, Marshmallow Laser Feast, Domestic Data Streamers, Forensic Architecture, David Wengrow, Laura Cinti, Playmodes Studio, Echorroes, Mario Santamaría, Lucy Li, Leo Mühlfeld, Alan Schiegl, Vanessa Amoah Opoku, Christopher Bellamy, Ana Vogelfang, Julieta García Vázquez, Neutone, Špela Petrič, Victoria Vesna, Haley Marks, Walter Gekelman, Kevin Ramsey, Shinichi Furuya, Holly Herndon and Mat Dryhurst, Xin Liu, DISNOVATION.ORG art collective, Open-weather, Lawrence Abu Hamdan
Im Darm des Mehlwurms siedeln Bakterien, die das giftige EPS in umweltfreundliche Materie umwandeln können. Obwohl EPS eine geschätzte Halbwertszeit von etwa 5000 Jahren hat, beschleunigt die Larve des Mehlkäfers diesen Prozess auf etwa 500 Jahre pro Tag.

Hyb.Obj.2024.01-02

Das Objekt zeigt eine Art Wurmkörper, der eingespannt in einem Versuchsaufbau ist. Der Mehlwurm wird zu einer Maschine, die den Müll der Menschheit verdaut. Entworfen für das Themenjahr 2024 „Schätze der Zukunft

Hyb.Obj.2024.01

Der Wurm als Maschine! Im Zeitalter der Abfallentsorgung werden zunehmend Organismen als innovative Lösung eingesetzt. Material: Alublech, Acrylglas, PLA, Styrodur, Mehlwurmkot, Maße: 42 x 20 cm

Zwei Objekte für den Denkraum Natur im Rahmen des Themenjahrs 2024 „Schätze der Zukunft“ des Futurium: Die Objekte Hyb.Obj.2024.01-02 illustrieren gemeinsam den Transformationsprozess von EPS-Dämmstoffen zum nachhaltigen Baustoff GEOBRIS. Durch die Verwendung von Mehlwürmern als transformative Werkzeuge wird das Material im Inneren der Larve umgewandelt und für den Einsatz in GEOBRIS vorbereitet.

Werk für die Ausstellung „Schätze der Zukunft
Im Darm des Mehlwurms siedeln Bakterien, die das EPS in umweltfreundliche Materie umwandeln können. Obwohl EPS eine geschätzte Halbwertszeit von etwa 5000 Jahren hat, beschleunigt die Larve des Mehlkäfers diesen Prozess auf etwa 500 Jahre pro Tag.
Werk für die Ausstellung „Schätze der Zukunft
Ein Haufen aus Geobris, ein nachhaltiger Baustoff aus Mehlwurmkot. Ein Werk für das Futurium Berlin. Contemporary Art Berlin.
Hyb.Obj.2024.02

Ein Tastobjekt aus GEOBRIS für das Futurium. Material: Asche aus Mehlwurm-Kot gebunden mit geopolymerbasiertem Bindemittel, Maße: ca. 14 x 14 cm.

Hyb.R.Myth.2021-2022

Hyb.R.Myth.2021.01  Das Relief im Prozess: Mehlwürmer fressen sich entlang einer Schablone in das Dämmmaterial. Die Fraßdauer variiert von Platte zu Platte. Rechts: fünf Tage, Mitte: zehn Tage, Links: noch unbearbeitet. Je länger die Fraßdauer, desto tiefer und ausgeprägter sind die Konturen.

Hyb.R.Myth.2021.01

Relief im Prozess: Mehlwürmer fressen sich entlang einer Schablone in das Dämmmaterial. Die Fraßdauer variiert von Platte zu Platte. Rechts: fünf Tage, Mitte: zehn Tage, Links: noch unbearbeitet. Je länger die Fraßdauer, desto tiefer und ausgeprägter sind die Konturen.
[Die Entstehung dieses Werks wurde durch ein Stipendium der Kulturstiftung des Freistaates Sachsen ermöglicht.]

Kontrolle, Läuterung und Transformation – auf Hybris folgt zwangsläufig Nemesis! Mehlwürmer werden zu Schöpferninnen von Reliefs, die von kraftvollen Racheakten weiblicher Protagonistinnen aus der griechischen Mythologie erzählen.

Hyb.R.Myth.2021.01: Aus dem starken Grabverlangen der Mehlwürmer resultieren tiefe Furchen und Löcher im Dämmmaterial. Je länger das Material dem Fraßprozess ausgesetzt ist, desto unregelmäßiger und amorpher wirkt es.
Hyb.R.Myth.2021.01

Aus dem starken Grabverlangen der Mehlwürmer resultieren tiefe Furchen und Löcher im Dämmmaterial. Je länger das Material dem Fraßprozess ausgesetzt ist, desto unregelmäßiger und amorpher wirkt es.
Hyb.R.Myth.2021.01

Nemesis, die griechische Göttin der Vergeltung und des gerechten Zorns, sorgt für Ausgleich und Rache bei übermäßigem Stolz. Als Tochter der Nyx, der Göttin der Nacht, bestraft sie Hochmutige mit ihrem eisernen Zepter. Nemesis verkörpert Gerechtigkeit und das Streben nach Ausgleich in der griechischen Mythologie.

Rache

Aus der Antike bekannte Rachedämonen, Rachegöttinnen und Personifikationen von Vergeltung und Recht sind allesamt weibliche Figuren. Beispielsweise waren die Göttinnen des Olymp für ihre Intriganz bekannt und dafür ihre Feinde und Feindinnen in skurrile Situationen zu manövrieren, aus denen es kein Entkommen gab. Rache galt in der Antike als Angelegenheit der Frauen.

Der Glaube daran, dass Frauen für einen furchtlosen Helden keine Gefahr darstellen könnten, hat viele männliche Figuren der mythologischen Geschichte ins Unglück gestürzt. Ein Beispiel dafür ist Samson, der die drei brutalen Anschläge auf sein Leben als ein Spiel betrachtete, das seine Geliebte Delila mit ihm trieb.

Der Mann, der sich im Kampf Mann gegen Mann als unbesiegbar erwiesen hat, scheitert im Duell gegen die Frau. Die Ursache hierfür ist, dass Männer oft einem trügerischen Urteil erliegen, das auf der Annahme beruht, dass Frauen schwach, lieblich und ohne Haltung seien. Dieses Bild wird systematisch verbreitet und führt zu der Fehleinschätzung, die die Fähigkeiten und Stärken von Frauen betrifft.

Schon die antike griechische Gesellschaft schränkte die soziale und rechtliche Stellung von Frauen stark ein, da sie im juristischen Sinne weder rechts- noch geschäftsfähig war. Erst durch die Heirat mit einem Bürger von Athen erhielt eine Frau den Status einer Bürgerin und damit verbunden auch gewisse Rechte und die Möglichkeit zur Teilhabe an politischen Entscheidungen.

Durch geschlechtsspezifische Erziehung und gesellschaftliche Rollenerwartungen sowie Benachteiligungen von Frauen in Ausbildung und Beruf wird kriminelles Verhalten bei Frauen weniger häufig beobachtet als bei Männern. Diese Unterschiede sind nicht verwunderlich, da Frauen in vielen Kulturen immer noch sozialen Kontrollmechanismen unterliegen, die auch kriminelle Handlungen verhindern oder einschränken. Diesen Mechanismen unterlagen Frauen auch schon in der Antike. Nur unter besonderen Umständen, die das Zusammenwirken mehrerer Faktoren erforderten, brachen Frauen mit diesen Normen und griffen selbst zu Handlungen der Rache. Auch heutzutage beobachtet man, dass Frauen sich eher in Krankheiten oder Depressionen flüchten, als Straftaten zu begehen. Unter spezifischen Bedingungen und Verhältnissen können Frauen jedoch ihre Aggressionen gegen die Verursacher:innen richten, die diese ausgelöst haben, statt wie üblich gegen sich selbst1 .

  • 1
    Wilhelm, 2014.
Hyb.R.Myth.2022.05

Nachbildung Sarkophag mit Darstellung der Amazonomachie, Achilles und ­Penthesilea, entstanden um 200.
Hyb.R.Myth.2022.02

Nachbildung Athene, Gigantenfries des Pergamonaltars, 2.Jhd. v. Chr.
Hyb.R.Myth.2022.03

Abbildung Bildnis Medea auf Sarkophag, entdeckt in Rom, vor der Porta San Lorenzo (Porta Tiburtina), 1887.
Hyb.R.Myth.2022.04

Nachbildung „Persecution of Orestes“ des Malers Johann Gottfried Schadow

Hyb.R.2020.07-08

Zwei Reliefs in unterschiedlichen Größen, die von jeweils 1kg Mehlwürmern bearbeitet wurden; Teil der Installation Hybris von Yana Zschiedrich für westpol.space in im Westkreuz Leipzig

Die ersten bildhauerischen Ergebnisse geben Aufschluss über die Arbeitsweise der Larven. Während der Bearbeitung der Reliefs durch die Mehlwürmer werden verschiedene Parameter festgehalten, darunter Raumtemperatur, Futterzufuhr, Anzahl der Mehlwürmer in Kilogramm sowie Größe und Dicke der Platte.

Hyb.R.2020.07-08

Untere Platte, die 3 Wochen lang von einem Kilogramm Mehlwürmern bearbeitet wurde, im Vergleich zur oberen Platte, die lediglich 7 Tage lang bearbeitet wurde.

Hyb.Instal.2020.01

Bildhauerisches Labor und halbautomatisierte Zuchtmaschine von Yana Zschiedrich, welche die Versorgung der Mehlwürmer sicherstellt. Contemporary Art, Leipzig. Die Installation wurde in Zusammenarbeit mit dem Produktentwickler Alexander Skowronski entworfen.

Bildhauerisches Labor und halbautomatisierte Zuchtmaschine, welche die Versorgung der Mehlwürmer sicherstellt.

„Die Hybris, die uns versuchen läßt, das Himmelreich auf Erden zu verwirklichen, verführt uns dazu, unsere gute Erde in eine Hölle 
zu verwandeln“ (Popper, Karl)

Ein humanzentrisches Weltbild, die Verdammung der Natur und deren Kontrolle durch eine halbautomatisierte ­Maschine, die den bildhauerischen Akt von Mehlwürmern kontrolliert – Mehlwürmer, die Polystyrol-Dämmplatten formen und zersetzen und dabei eigentümlich amorphe Skulpturen sowie verdaute Rückstände hervorbringen.

Yana Zschiedrich züchtet ein Kilogramm Mehlwürmer in einem Inkubator. Sie ernähren sich hauptsächlich von Styrodur und graben sich je nach Darreichungsform darin ein.
Ein Kilogramm Mehlwürmer leben und arbeiten in der Zuchtkiste. Sie ernähren sich hauptsächlich von Styrodur und graben sich je nach Darreichungsform darin ein.
Ausstellung für westpol.space im Unterdeck Westkreuz Leipzig
Zyklon in der Ausstellung „Hybris“ von Yana Zschiedrich für westpol.space im Westkreuz Heilandskirche
Inkubator von Yana Zschiedrich in der Ausstellung Hybris für westpol.space im Westkreuz Heilandskirche Leipzig
Die Zyklonsaugstation saugt die verbrauchte Luft und den Kot aus der Zuchtkiste ab, trennt sie und filtert sie.
Im Vordergrund: Zyklonabsaugung, Futterautomat und Futtervorrat, im Hintergrund: verkabelte Zuchtkiste.
Uhrwerkfütterer, Kompressor und Timerboard sorgen für eine ­regelmäßige und flächendeckende Zufütterung in der Zuchtkiste, um Mangelernährung zu vermeiden. Eine Installation von Yana Zschiedrich
Uhrwerkfütterer, Kompressor und Timerboard sorgen für eine ­regelmäßige und flächendeckende Zufütterung in der Zuchtkiste, um Mangelernährung zu vermeiden.
Kontrollzentrum der Installation „Hybris“ von Yana Zschiedrich im Westkreuz, Heilandskirche Leipzig
Die Schaltzentrale und Frischluftstation der Zuchtkiste. Bei hohen Temperaturen dient der Frischluftbehälter zur Kühlung des Innenraums. Ein Temperaturfühler überwacht die Raumtemperatur und aktiviert die Heizmatte, wenn die Temperatur unter 20 °C fällt. Wenn die Raumtemperatur steigt, wird der Ventilator wieder eingeschaltet.
Die Schaltzentrale kontrolliert die gesamte Insektenfarm. Hier sind die Schaltmodule untergebracht, die die Instrumente steuern.
Mehlwürmer auf Dämmplatten in der Heilandskirche Leipzig, Contemporary Art.
Mehlwürmer auf Mehlwurmkot in der Installation „Hybris“ von Yana Zschiedrich
Luftbefeuchter der Installation „Hybris“ von Yana Zschiedrich für westpol.space im Westkreuz Leipzig
Der Luftbefeuchter ist über einen Wasserschlauch mit dem Wassertank verbunden, um sicherzustellen, dass der Wasserpegel auch während der Verneblung nicht sinkt. Das Gerät wird von einem Luftfeuchtigkeitssensor mit Schaltfunktion gesteuert, der in der Zuchtkiste angebracht ist. Wenn die Luftfeuchtigkeit unter 50 % fällt, schaltet das Modul den Luftbefeuchter ein. Sobald die Luftfeuchtigkeit 50 % erreicht, wird der Vernebler ausgeschaltet.
Mehlwurmkot als Pellets gepresst
Siehe auch: Hyb.Mat.2020.01
Hyb.Mat.01.2020

Gepresste, eingeschweißte und vakuumierte Kotpellets.
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Material

GEOBRIS

GEOBRIS ist ein spekulativer Baustoff, entwickelt aus den Rückständen herkömmlicher Dämmmaterialien. Er besteht aus den Exkrementen von Mehlwürmern, die expandiertes Polystyrol (EPS) zersetzen, sowie einem mineralischen Bindemittel auf Geopolymerbasis. GEOBRIS versteht Material nicht als neutral, sondern als Träger von Geschichte, Verantwortung und Potenzial. Es ist ein spekulatives Materialsystem, das sich im ständigen Wandel befindet.

GEOBRIS : TB-24-01-A

Die Entwicklung dieser Rezeptur wurde durch ein Stipendium der Artist Residency Balmoral gefördert.

Organisch verzweigte, wurmartige Strukturen aus GEOBRIS TEN-25-01-A, in pastösen Schichten auf dunklem Grund 3D-gedruckt – inspiriert von den Gängen des Mehlwurms.

Druckkbare Rezeptur von GEOBRIS, benannt nach dem Mehlkäfer (Tenebrio molitor). Der Gattungsname Tenebrio stammt aus dem Lateinischen und bedeutet „der im Dunkeln Lebende“ – eine Anspielung auf seine verborgene Lebensweise. In älteren Deutungen wurde tenebrio auch als „Müller“ oder „Gräber“ übersetzt – eine symbolisch aufgeladene Lesart, die auf das stille Zersetzen, das Arbeiten im Verborgenen und die Transformation von Materie verweist.
GEOBRIS Tenebris ist eine pastöse, schichtweise druckbare Rezeptur, die sich von innen heraus aufbaut. Sie folgt der Logik der Schattenarbeit: Wie Mehlwürmer, die im Dunkeln Gänge graben, Material zerlegen und Räume schaffen, verfestigt sich dieser Stoff durch Bewegung, nicht durch Ruhe. TB-25-01-A wurde speziell für den 3D-Druck pastöser Massen entwickelt.

GEOBRIS : IMG-24-01-A

Die Entwicklung dieser Rezeptur wurde durch die Landesgraduiertenförderung des Sächsischen Staatsministeriums für Wissenschaft, Kultur und Tourismus sowie durch die Futurium GmbH gefördert.

Ein Tast-Objekt für den Ausstellungsraum Rohstoffe für das Futurium zum Themenjahr 2024 „Schätze der Zukunft

Hyb.Obj.2024.02

Ein Tastobjekt aus GEOBRIS für das Futurium. Material: Asche aus Mehlwurmkot gebunden mit geopolymerbasiertem Bindemittel, Maße: ca. 14 x 14 cm

IMAGO ist eine Rezeptur innerhalb des spekulativen Materialsystems GEOBRIS. Sie entsteht aus einem vollständig zersetzten Ausgangsmaterial und verweist auf einen Zustand nach der Transformation – das Ende der Metamorphose. IMAGO ist fest, widerstandsfähig und trägt die Spuren dessen, was war. Der Name bezieht sich auf das letzte Stadium der Insektenmetamorphose – die fertige Gestalt: das Imago.

Hyb.Mat.2024.01–20

Yana Zschiedrich baut auf den ersten Versuchen des Fraunhofer IBP auf und führt sie zur erfolgreichen Rezeptur weiter. Aus zahlreichen Experimenten entsteht schließlich die Mischung GEOBRIS.

Hyb.Mat.2022.01

Die Untersuchung und Entwicklung von Hyb.Mat.2022.01 wurde durch das Fraunhofer-Netzwerk Wissenschaft, Kunst und Design (WKD) gefördert.

Röntgenaufnahme einer Probe des Gemischs aus Mehlwurmkot und EPS-Staub.

Analyse
Röntgenaufnahme einer Probe des Gemischs aus Mehlwurmkot und EPS-Staub.

Problemstellung: Styrodur ist der gebräuchliche Markenname für extrudiertes Polystyrol (XPS), welches als Hartschaumplatten oder als Außen­dämmung von Kellerwänden Verwendung findet. Das geschäumte Polystyrol mit dem Markennamen Styropor wird vorwiegend in Wärme­dämmver­bundsystemen (WDVS) eingesetzt. ­Jährlich werden allein in Deutschland 300.000 Tonnen ­Styropor produziert. 
Der Bestandteil Polystyrol ist in reiner Form chemisch recycelbar. Form­teile und Füllstoffe aus Verpackungen wie beispielsweise bei Elektrogeräten erfüllen die Materialreinheit. Styropor als Dämmstoff jedoch wird mit bromhaltigen Flammschutzmitteln bearbeitet, dadurch treten beim Recycling große Probleme auf. Nur ausgesuchte Müllverbrennungs­anlagen mit besonderer Genehmigung dürfen Poly­styrol mit Flamm­schutz­mitteln verbrennen. Styrodur wird durch diese thermische Behandlung komplett vernichtet, jedes im Dämmstoff ­enthaltene Kohlenstoffatom wird dabei in ein CO₂ -­Molekül umgewandelt. Daher ist diese Behandlung mit einer hohen CO₂ Frei­setzung verbunden, das Material ist danach nicht mehr nutzbar. Im Rahmen von HYBRIS wird es weiterverwertet, ­indem das Styropor in einer anderen Form wieder in den Bau­stoff­­kreis­lauf zurückgeführt wird.

Zielsetzung
Wissenschaftliche Zielsetzung
Im Jahre 2015 kam in den USA die Idee auf, Polystyrol biologisch zu behandeln und mithilfe von Mehlwürmern fressen zu lassen, jedoch wurde diese Idee nie großtechnisch umgesetzt. Es blieb auch die Frage stehen, was mit den entstandenen Mehlwurm-Ausscheidungen geschehen soll.
In diesem Projekt soll nun genau diese Frage beant­wortet werden. Die Mehlwürmer wandeln die bromhaltigen Styrodur-Dämmstoffe in ein unproblematisches Produkt um, für welches Anwendungen in der Bau­industrie als auch in der Kunst, z.B. als Ausgangs­stoff zur Her­stellung von Skulpturen gefunden werden sollen. Damit ließe sich ein Teil der Styropor­abfälle die jährlich tonnenweise anfallen und bisher nur thermisch entsorgt werden dürfen, wieder sinnvollen Verwertungsmög­­lich­keiten zuführen. Die Styrodur-Umwandlung durch die Mehlwürmer ist sogar bei Raumtemperatur möglich, optimale Be­dingungen herrschen bei einer Temperatur von 20°C und 50 % Luftfeuchtigkeit, wobei im Gegensatz zur Verbrennung von Styrodur weniger CO2 entsteht, da ein Teil des Kohlenstoffs in Biomasse gebunden wird.
Primär werden zwei Ziele verfolgt: zum einen soll eine biologische Lösung zur Aufbereitung von Styrodur-­Dämmstoffen gefunden werden, dabei wird versucht die durch die Bakterien im Verdauungs­trakt der Mehl­würmer entstandenen Ausscheidungen nach einer ­Pelletierung als granulierter Zuschlag für einen Leicht­beton zu nutzen, sodass ein neuartiger Recycling­bau­stoff entsteht. Als zweites Ziel soll untersucht werden, ob die staubartigen Mehlwurm-Ausscheidungen als Füllstoff in einem zementfreien Bindemittel II, einem sog. Geopolymer dienen können.

Künstlerische Zielsetzung
Durch das Zusammenbringen von unterschiedlichen Bindemitteln und dem Kot von Mehlwürmern werden innovative Materialien erzeugt, welche als Baustoffe oder als Leichtzuschlag genutzt werden können. Mit diesen Baustoffen ist es möglich, Skulpturen zu erschaffen, die durch unterschiedliche Fertigungs­pro­zesse geformt werden können.

Rolle des Fraunhofer IBP
Dr. Volker Thome leitet am IBP die Abteilung „Mineralische Werkstoffe und Baustoffrecycling“ und verfügt über mehr als 20 Jahre Erfahrung in der Baustoffentwicklung. Für „Hybris“ werden von seiner Abteilung Labor- und Messzeiten für die im Projekt benötigten Geräte wie Mikro-Computer-Tomograph, Röntgenanalysen, mechanische Prüfungen und Mischer mit Pelletierteller bereitgestellt.

Potential zur Transformation ­bestehender gesellschaftlicher Begrenzungen 
Weitblick
Wird Polystyrol-Dämmmaterial in Müllverbrennungs­anlagen thermisch behandelt, werden dabei große ­Mengen an CO2 freigesetzt. Enthaltene bromhaltige Flammschutzmittel I werden an die Luft abgegeben und ge­langen in die Umwelt. Verklebte Dämmplatten dürfen nicht verbrannt werden und müssen deponiert werden. Die Halbwertszeit von Polystyrolen beträgt ­allerdings ca. 5000 Jahre.
Es entsteht aus einem porösen Dämmstoff ein Bau­stoff mit einer höheren Druckfestigkeit als Styrodur, indem die Ausscheidungen der Mehlwürmer eingesetzt werden, die zuvor das Dämmmaterial gefressen und verwertet haben. 
Es geht hier also nicht nur um die umweltfreundliche Beseitigung von problematischen Dämmplattenab­fällen, sondern auch darum das Material wieder in den ­Baustoffkreislauf zurückzuführen.
Dabei wird unter anderem der Mehlwurm­kot als Leichtzuschlag  verwendet, oder als Füller  um Zwickel zwischen den Gesteinskörnungen auszufüllen und als Additiv für Bindemittel, um z.B. dessen Fließeigenschaften positiv zu beeinflussen.

Wirtschaftlichkeit
Die Aufbereitung von zwei Abfallprodukten mit geringem Energieverbrauch ist eine sehr wirtschaftliche Möglichkeit recycelte Baustoffe zu generieren und gleichzeitig den anfallenden Bauschutt an polystyrolhaltigen Wärmedämmverbundsystemen zu bewältigen. Dabei werden Umwelt und Ressourcen geschont, weil große Mengen an CO2 eingespart werden, Müll verwertet statt deponiert wird und primäre Rohstoffe geschont werden können.

Meilensteine
Planerische Umsetzung
Bevor geeignete Bindemittel für das Kot-Gemisch gefunden werden können, muss die Zusammensetzung der Mehlwurm-Ausscheidungen analysiert werden. 
Die Ausscheidungen werden im Labor des Instituts chemisch-mineralogisch untersucht. Die Analysen geben Aufschluss darüber, welche Bindemittel für das Vorhaben geeignet sein könnten. Mit einer größeren Menge an Mehlwurm-Ausscheidungen, welche im Atelier produziert werden, werden nach den ersten Mischversuchen mit verschiedenen Bindemitteln, unter anderem zementfreien Bindemitteln , sog. Geopoly­meren, Ausschei­dungen durch geeignete Pelletierung in Granulat überführt. Beide Produkte werden schließlich hinsichtlich ihrer mechanischen Eigenschaften am IBP untersucht. Auf die Analysen folgen die ersten Versuche. Geeignete Gemische werden in Form gebracht, während unterschiedliche Mischverfahren getestet werden.

Röntgenaufnahme
Mithilfe der Röntgenaufnahme kann ein 3D Modell angefertigt werden, welches Aufschluss über seine Dichte, Struktur, Anwesenheit von Fremdkörpern, strukturelle Integrität und ­Qualität gibt.

Hyb.Mat.2020.01

Hyb.Mat.2020.01:   Effektiver Umweltschutz: Vakuumierte Pellets binden wirksam EPS-Staub durchsetzten Mehlwurm-Kot und verhindern dessen Ausbreitung in die Umwelt.

Hyb.Mat.2020.01

Vakuumierte Pellets binden wirksam EPS-Staub durchsetzten Mehlwurm-Kot und verhindern dessen Ausbreitung in die Umwelt.

Kotpellets sind das Nebenprodukt einer bildhauerischen Serie, die von Mehlwürmern geschaffen wurde. Während des bildhauerischen Prozesses fressen die Mehlwürmer EPS-Dämmplatten und scheiden sie wieder aus. Die Ausscheidungen vermischen sich mit dem beim Fressvorgang entstehenden Abrieb. Der Staub wird vorerst mit einem beliebigen Bindemittel gebunden und zu Pellets geformt. Dabei entstand die Idee, das Kot-Staub-Gemisch, das in großen Mengen anfällt, als Ressource zu nutzen und wieder in den Baustoffkreislauf einzubringen.

Bei bildhauerischen Arbeiten entsteht eine große Menge Mehlwurm-Kot. Um diesen feinen Kot in Form zu halten, muss er mit einem Bindemittel gebunden werden.
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Resonance

Hyb.Txt.2025.03

HYBRIS by Yana Zschiedrich:

Rethinking Waste into Wonder

Text von PAI_32 , eine in Großbritannien gegründete Plattform zur Förderung kritischen Denkens und künstlerischer Innovation.
PAI_32 unterstützt weltweit Künstler:innen, Kurator:innen und Sammler:innen durch Ausstellungen, Inhalte und Netzwerke.
Die Plattform engagiert sich für kreative Förderung, kritische Auseinandersetzung, Zugänglichkeit und den Aufbau eines vielfältigen Kunstökosystems.

HYBRIS, the visionary project by German artist Yana Zschiedrich, is a pioneering art-based research initiative that reimagines how we perceive waste, architecture, and ecological resilience. Since 2019, Zschiedrich has been exploring how swarms of mealworms can decompose polystyrene insulation panels—consumed wholeheartedly by these insects—turning them into biodegradable matter.

“Why does the sun go on shining?
Why do birds go on singing?
Because they know it isn’t
the end of the world.“ 1

In HYBRIS, mealworms inhabit a controlled incubator-like environment, where their only task is to eat and excrete plastic. Their droppings—a “biodegradable product of mealworm metabolic activity”—are collected and analysed scientifically. Remarkably, these castings are free from the toxic residues initially present in the polystyrene, transforming hazardous waste into a cleaner, organic substance.

This cast worm biosolid is then treated in collaboration with the Fraunhofer Institute for Building Physics to develop Geobris, a geopolymer composite as durable as concrete yet environmentally friendly. Zschiedrich has even adapted it for 3D printing, producing architectural forms that demonstrate how art and ecology can coexist in innovative material practice.

HYBRIS isn’t just technical—it’s deeply philosophical. Zschiedrich highlights the fragility of her ecosystem: if conditions shift—temperature drops or humidity changes—the worms stop processing the polystyrene, and the artistic outcome varies significantly. “The artist is challenged to do justice to each individual mealworm, as well as to the swarm as a whole,” reads the project documentation—revealing nature’s unpredictability and the shifting power dynamics within collective systems.

Conceptually, the piece engages with themes such as anthropocentrism, ecofeminism, and technological hybridity—drawing inspiration from thinkers like Donna Haraway. HYBRIS positions itself not as an ecological solution alone, but as a space of shared creation, reflecting on humanity’s embeddedness in natural cycles.

HYBRIS offers more than spectacle—it invites us to reconsider the value of waste and the potential of generative collaboration between humans, technology, and non-human actors. It challenges the traditional boundaries of art, architecture, and science by embedding ethical inquiry, material research, and ecological responsibility into its core.

For anyone curious about the future of sustainable innovation and the role of art in addressing climate crisis, HYBRIS is an essential case study. Zschiedrich reminds us that creating a sustainable future may begin with humble worms—and a vision bold enough to let them lead.

  • 1
    Titel der Rauminstallation HYBRIS von Yana Zschiedrich, gezeigt im Rahmen des M24-Festivals im September 2024 in der Technesphäre (Kirow-Werke Leipzig, Germany).

Hyb.Txt.2023.01

Ein großes Bild:
die Masse, der Schwarm, 

die Anlage und die
Schöpferin

Die Installation HYBRIS von Yana Zschiedrich

Text von Joachim Blank, geboren 1963 in Aachen, lebt als bildender Künstler in Berlin. Seit 2003 lehrt er als Professor für Medienkunst an der HGB Leipzig.

Bildhauerei in ihrer Urform geht immer vom Ganzen aus, nimmt weg, reduziert. Die Mehlwürmer in der Installation HYBRIS arbeiten ebenfalls subtraktiv. Yana Zschiedrich arbeitet additiv: sie fügt Apparaturen, diverse Materialien mit Mehlwürmern zu einer Installation - ich nenne es ­Anlage - zusammen. In diesem Setting schaffen beide sowohl die Mehlwürmer als auch die Künstlerin unterschiedliche Bilder, die sich zu einem Größerem zusammenfügen.
Abstrakt gesehen, verstehe ich hier ein Bild als etwas, in dem oder durch das wir etwas identifizieren (erkennen) können. Das, was wir glauben zu erkennen, muss nicht zwangsläufig im Bild abgebildet sein. ­Generell: In Bildern etwas zu erkennen, was nicht abgebildet ist und das Abwesende als Bedeutung auszumachen, ist ein Wesensmerkmal der menschlichen ­Kognition. Uns wahrnehmenden Menschen genau solche Erfahrungen zu ermöglichen, verdanken wir den visuellen Künsten. Die herausragende ­Bedeutung von Bildern als eine Kulturtechnik ist, dass im Bild auch ein ­weiteres und darin wieder und wieder ein Bild enthalten sein kann, welches von uns ­gedeutet werden kann. In dieser spezifischen Form ist das eine zu­tiefst menschliche Vorstellungskraft, reale und fiktionale Wahrheiten zu verknüpfen und zwar so, dass wir das mit anderen Menschen, aber wohl kaum mit anderen Lebewesen teilen können. Offenbar gibt es mindestens so viele Wirklichkeiten, wie es Spezies gibt.
Wie erleben wohl Mehlwürmer als Larven des Mehlkäfers ihre Wirklich­keit? Mehlwürmer sind Würmer, die sich offenbar gerne in Mehl aufhalten, also auch in Nudeln, Keksen und anderen Backwaren. Auch gelten sie als gesunde Proteinquelle und werden zunehmend zu einem menschlichen Nahrungsmittel und sind in der EU mittlerweile als Speiseinsekt zugelassen. Dass Mehlwürmer auch Styrodur mögen, ist erst in letzter Zeit wissen­schaftlich erforscht worden. Wie alle anderen Lebewesen transformieren sie etwas Vorhandenes in etwas anderes: Denn auch sie haben einen Stoffwechsel und reproduzieren sich. Bei HYBRIS fressen sie etwas „Schlechtes“ und scheiden etwas „Gutes“ aus: Nicht biologisch abbaubares Styrodur (flammengeschütztes Polystyrol) verwandeln sie in einwandfreien, biologisch abbaubaren Kot. Hatten das die Metabolisten der japanischen ­Architekturavantgarde Ende der Fünfzigerjahre auch schon im Sinn, als sie den Begriff shinchintaisha als Symbol für den essenziellen Austausch von Material und Energie zwischen Organismus und Außenwelt verwendeten? Folgen nun auf die Architektur­utopien der schwimmenden Häuser und Kapselhochhäuser im urbanen Maßstab nun Architekturen mit Fassaden aus Mehlwurmexkrementen?
Die Verwendung von Exkrementen und ihr künstlerischer Mehrwert hatte bereits Piero Manzoni 1961 mit merda d’artista gezeigt, in dem er den ­kürzesten Weg wählte und seine eigenen Exkremente als Künstlerscheiße in neunzig Dosen konservierte, nummerierte und verkaufte. Dreißig Gramm Kot hatte er anfangs für 30 Gramm Gold verkauft. Der Preis hat sich bis heute gesteigert. Kot kann als Kunst hochwertige Ware werden und nicht nur als Dünger.
Aber kann die Herstellung von Kot sowie der Kot selbst in demselben Kontext auch Kunst sein und dann noch ein angesichts der fortgeschrittenen Klimakrise ein globales, eklatantes Umweltproblem lösen? Genau da und nicht weniger setzt HYBRIS von Yana Zschiedrich an.
Aber zunächst … die Ausscheidungen – der Kot, die Exkremente – sie enthalten keinerlei Giftstoffe mehr und sind biologisch einwandfrei abbau­bar. Der Kompost ist also gesünder als das, was ihn erzeugt hat? Kann anorga­nisches Material überhaupt organisch werden? Funktioniert das auch bei Mikroplastik? Ja, auch hier gibt es Hinweise darauf, dass Einzeller-Bakterien künstliche Stoffe offenbar leichter verstoffwechseln als natürliche organische Substanzen, wie zum Beispiel abgestorbenes Pflanzenmaterial.1
In Yana Zschiedrichs Installation und künstlerischem Forschungsprojekt werden Schwärme von Mehlwürmern in einer eigens für sie optimierten Zuchtanlage, in einer geschlossenen Welt gehalten. Hier wird nur gefressen, um zu verdauen und auszuscheiden. Mit der Perfektion einer Maschine erfüllt der Mehlwurmschwarm diese Aufgabe. Und dabei werden Styrodurreliefs produziert, deren Formen die Künstlerin vorgegeben hat und die an griechische Marmorplatten erinnern. Soweit so gut - die Masse folgt zwar hungrig, aber doch nicht bedingungslos. Die Produktion funktioniert nur so lange, wie die Lebensbedingungen optimal sind. Sind sie das nicht, entstehen Abweichungen, die durchaus ihren formalen Reiz haben. Wir nennen diese „Happy Accidents“, jedoch bei größeren Fehlern wie kontinuierlichem Absinken der Raumtemperatur - stockt die Masse. Sie wird träge und stoppt die Produktion! Die Künstlerin ist gefordert, jedem einzelnen Mehlwurm, aber auch dem Schwarm als Masse gerecht zu werden. Die Machtverhältnisse verschieben sich ganz nach den von Elias Canetti in Masse und Macht2 beschriebenen Eigenschaften von „Masse“. Die penible Aufrechterhaltung optimaler Bedingungen bedeutet für Yana Zschiedrich gegen das künstlerische Scheitern zu arbeiten.
Die funktionalen Einheiten der Anlage vermischen sich also immer mit den Bedingungen und den Handlungen der Mehlwürmer und der Künstlerin als eine Art Zeugnis der Gesamtbilanz. Das Gesamtsystem ist nie eindeutig, nie konstant, bleibt fragil, weil die sich verändernden Parameter es immer zwischen Kipppunkten pegeln lassen. Die Mehlwürmer bei HYBRIS reagieren höchst sensibel auf ihre Lebensbedingungen und entsprechend ergebnisoffen sind auch die Bilder, die sie ausfressen. Die Anlage ist die Welt der Mehlwürmer. Auch Künstler*innen reagieren wie Seismographen auf Veränderungen ihrer Welt.
Yana Zschiedrichs Mehlwürmer verstehen die Bedeutung der vorgege­benen Pfade, die sie aus dem Styrodur ausfressen, sicherlich nicht. Denn sie verfügen über andere Sinnfelder3 als wir Menschen – sie können unsere Bilder nicht interpretieren. Das muss aber nicht bedeuten, dass sie nichts empfinden, sondern sie empfinden vermutlich etwas in ihrem Sinnfeld. Wir kennen dies nicht und verstehen nichts. Für die Mehlwürmer ist das sicher auch nicht relevant. Sie wissen nicht, was sie für uns tun, aber sie tun es offenbar gerne für sich: auf Basis ihres evolutionär angelegten Selbster­haltungstriebs. Aber lassen sich nicht genau hier Parallelen zum Kunstmachen finden, immer dann, wenn wir Künstler*innen beim Kunstmachen eine intrinsische Motivation unterstellen? Kunstmachen als eine Praxis, die sich nicht rechtfertigen muss, sondern einfach vollzogen wird, weil es den Drang gibt, es aus innerem Antrieb machen zu wollen?
Alle Elemente der Anlage wie Eimer, Maschinen, Wasserdampf, Farbge­bung und Beleuchtung der Installation, die Auswahl der Bildvorlagen, die als Einschreibungen in die Styrodurplatten vollzogen werden, die vielen Ma­terialtransformationen, das „Nebeneinander“ und „Zusammenspiel“ zwischen Mehlwürmern, Bedeutungen und dem Wollen der Künstlerin – all das führt zur Verschachtelung unterschiedlichster Perspektiven auf HYBRIS und kann als eine vielstimmige Komposition – als ein vielfaches Bild gelesen werden.
Yana Zschiedrich führt mit ihrer drängenden Forderung nach einer naturnahen Materialwelt einerseits und mit ihrer künstlerisch-ästhetischen Praxis andererseits erweiterte Methoden der Beteiligung ein. Als Anwendungsforscherin experimentiert sie mit quasiwissenschaftlichen Methoden, aber als Künstlerin und Architektin kann sie nicht objektiv bleiben. Sie bleibt ebenso wie die Mehlwürmer, eines von vielen mitgestaltenden Subjekten. Sie ist nicht außenstehende Schöpferin. Sie ist nicht Beobachterin dritter Ordnung – sie ist zwar auch nicht Mehlwurm, aber irgendwie trotzdem mittendrin – ein Teil des Schwarms, der Masse und der Anlage.
Mit HYBRIS wird auf den ersten Blick eher nebenläufig und unaufgeregt, aber dennoch beharrlich die Relevanz von bildender Kunst und ihrer ­Methoden in einem forschenden und wissenschaftsnahen Umfeld befragt. Neben dem tiefen Wunsch, ein Umweltproblem lösen zu wollen, geht es hier um eine ästhetische Praxis, der fast alles untergeordnet ist: Entwurf, Auswahl, Setzung und Vermittlung der Apparaturen und als Kontrast die Masse der organischen Würmer sind in ihrer Auswahl nicht ausschließlich funktionalen Aspekten unterworfen. Die gesamte Erscheinung der Anlage wird von Yana Zschiedrich in jeder neuen Version als ein Bild komponiert – funktionale Notwendigkeiten mischen sich mit gezielten ästhetischen Setzungen, die ihrerseits subtile Wirkungsmacht im funktionalen Gesamtsystem entfalten. Die Anlage selbst und die Perspektiven der Meta-Ebene des Gesamtprojekts führen zu einem „Mehr“ als nur in der „In-Der-Welt-Sein“: Zu einem Bekenntnis zum „Involviertsein-In-Der Welt“. Es findet hier eine spezifische Mischform von Erkenntnisproduktion statt. Sie kann sicher auch wissenschaftliche Relevanz haben, die aber Teil einer künstlerischen Arbeit bleibt.
Die Vermischung von funktionalen, ästhetischen, wissenschaftlichen und quasiwissenschaftlichen Elementen zu einer Metaebene formuliert das größere Bild HYBRIS als ein komplexes Projekt, in dem es immer wieder neues zu entdecken gibt, wie bei einem guten Bild. Und selbst wenn die Ver­suchsanordnung Hybris gelingen sollte und kein giftiges Styrodur mehr produziert werden müsste, was würden die Mehlwürmer dann zu fressen bekommen, um ihre gesunden Ausscheidungen zu produzieren?
Die Natur ist zwar generell die Schöpferin aller Dinge, aber die Seele gilt als Schöpferin allen Ausdrucks. Das Ding und der Ausdruck gehören immer irgendwie zusammen. Und da sind wir wieder beim großen Bild: HYBRIS.

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